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INTERVIEW MIT EDITH HUNKELER

Was geschah eigentlich genau an jenem 22. Februar 1994?

Ich war frühmorgens mit meinem weissen Peugeot 205 Cabriolet auf dem Weg zur Arbeit. Abends hätte ich erstmals einen Englischkurs für meine Ferienreise nach Australien gehabt. Ich stoppte an einer Kreuzung in Oftringen. Von links kam ein Auto, das in meine Strasse abbog. Ich fuhr los. In diesem Moment tauchte hinter dem Abbieger ein anderer Wagen auf. Das Auto rammte mich voll in die linke Seite.

Hast du alles bewusst miterlebt?

Es war eines dieser endlosen Zeitfenster zwischen dem Jetzt und dem Nachher. Ein gewaltiger Schlag, der Schmerz im Unterkörper.


Welche Gefühlsphasen macht man nach der Diagnose Querschnittlähmung durch?

Das ist individuell verschieden. Ich klammerte mich zuerst lange an die Hoffnung. Irgendwann kam dann die grosse Leere, das schwarze Loch, der Tiefpunkt. Man glaubt, dass man es nicht mehr aushält. Dann fällt man immer wieder noch ein Stück weiter runter

Denkst du noch oft an den Unfall?

Alle Jahre wieder. Oder wenn ich vor einem unüberwindbaren Hindernis stehe, wie einer Treppe beispielsweise. Auch wenn ich einen Rega-Helikopter Richtung Nottwil fliegen sehe.

Wann erlebtest du deinen Tiefpunkt?

An Weihnachten 1994,als ich zu Hause vor dem Weihnachtsbaum im Rollstuhl sass. Ich hatte kein Lachen mehr.

Wie kommt man da wieder aus einem Tief raus?

Man muss begreifen, dass es sinnlos ist, sich gegen das Schicksal aufzulehnen. Sonst quält man sich den Rest des Lebens mit Selbstmitleid. Erst wenn man sich der Situation stellt, seinen veränderten Körper annimmt und daran glaubt, dass der Mensch im Kopf und im Herzen stattfindet, wächst die Kraft, die einem Lebensfreude zurückbringt. Dann geht es Schritt für Schritt wieder aufwärts

Wie soll man auf dich zukommen?

Direkt. Ohne Umschweife. Fragen, was einen irritiert. Seinen Gefühlen Ausdruck geben. Das ist auch mein persönliches Motto.

Haderst du oft mit dem Schicksal?

Nein. Nicht mehr. Ich bin glücklich.

 

Gibt es positive Aspekte nach dem Umfall?

Ich lebe intensiver, erkenne den Zauber kleiner Dinge: Kinderaugen, ein Lachen, eine Blume. Ich weiss, dass es nicht viel braucht im Leben, um glücklich zu sein.

Was bedeutet dir der Sport?

Es ist eine neue Welt, die ich entdecken konnte - dank des Rollstuhls.

Wie intensiv trainierst du?

Mindestens an sechs Tagen pro Woche. Manchmal sogar zweimal am Tag. Je nachdem, ob ich mich auf einen Wettkampf vorbereite oder nicht.

Und wie sieht das Training aus?

Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit - die Palette ist gross.

Warst du vor dem Unfall auch so diszipliniert?

Den Drang, mich zu bewegen, hatte ich immer schon. Aber mit sportlicher Spitzenleistung bin ich nie aufgefallen, höchstens wegen meiner grossen Klappe.

Lebst du allein?

Ja, und ich geniesse es sehr, meine eigene 3-Zimmer-Wohnung zu haben.

Hast du einen Freund?

Ja, sein Name ist Mark Wolf. Bis vor kurzem war er Unihockey Profi in Schweden. Jetzt spielt er für rot-weiss Chur.

Wie wichtig sind Eltern und Freunde?

Man muss vieles mit sich allein ausmachen und verbringt einsame Stunden. Eltern und Freunde sind wie Griffe im Fels auf dem steinigen Weg nach oben. Am meisten helfen einem Menschen, mit denen man sich ohne viele Worte versteht. Menschen, wie mein Freund Mark Wolf.

Möchtest du mal eine Familie haben?

Ja, ich bin eine Frau. Ich wünsche mir Kinder. Zwar bin ich vom Bauchnabel an gelähmt, kann aber trotzdem welche bekommen.

Mode, Schönheit Gefällst du dir und was findest du besonders schön an dir?

Ja, eigentlich schon. Ich habe gelernt, meinen Körper anzunehmen und zu lieben, wie er ist. Am schönsten finde ich meine Augen. Ich glaube, die sind wirklich sehr blau. Aber ich mag mich einfach so, wie ich bin.

Gibst du viel Geld für Mode aus?

Wenn ich in Hochglanzmagazinen sehe, wie viel Geld man für Mode ausgeben kann, glaube ich, dass ich bescheiden bin. Andererseits, gefällt mir wirklich etwas, achte ich nicht auf den Preis. Dann poste ich es einfach.

Und wie kaufst du ein?

Am liebsten spontan. Das sind die besten Käufe. Oder dann kommt meine Schwester Anita oder eine Freundin mit zum Lädelen. Und brauche ich mal was ganz Exklusives, schneidert mir meine Nachbarin, Couturière Lisbeth Egli, etwas auf den Leib.